Hier kommt Milch auf den Geschmack
Olaf Boguhn, Ausbildungsleiter für die Milchtechnologen und verantwortlich für das Energie- und Umweltmanagement bei Danisco Deutschland, arbeitet seit fast 26 Jahren in dem Unternehmen.
Kaum einer weiß so gut wie er, dass sich das Tätigkeitsfeld des Milchtechnologen im Laufe der Zeit vollständig gewandelt hat, was den erfahrenen Molkereimeister dazu veranlasste, sich für eine Namensänderung der einstigen Molkereifachleute einzusetzen. Im Interview erklärt Olaf Boguhn das veränderte Berufsbild, diskutiert Daniscos Maßnahmen zur Energieeinsparung und erläutert, welche Qualitäten angehende Milchtechnologen mitbringen sollten.
Herr Boguhn, inwiefern hat sich der Beruf des Milchtechnologen im Laufe der Zeit gewandelt?
In der Ära der Molkereifachleute gab es nahezu in jedem Dorf eine Molkerei, und es existierte persönlicher Kontakt zu den Bauern, die die Milch selbst zur Molkerei brachten. Heutzutage übernehmen Milchtanksammelwagen diese Aufgabe. Milchtechnologen arbeiten nun in hochtechnisierten Schaltwarten, aus denen sie an Bildschirmen das Fließdiagramm der Milch überwachen. Sie kümmern sich bei Danisco um die Züchtung von Kulturen, und in den Molkereien sind sie für die Herstellung der vielfältigen Molkereiprodukte verantwortlich.
Was macht den Reiz des Berufes heute aus?
Durch die Zugabe von Kulturen verleihen wir der Milch einen ganz spezifischen Geschmack, die gewünschte Menge an Milchsäure und die angestrebte Konsistenz. Es ist faszinierend zu sehen, wie eine kleine Kultur heranwächst und am Ende das Produkt ausmacht. Im Labor wird geimpft – Lösung hinzugegeben –, um die Keimzahl zu beobachten; in der Produktion impfen wir, um die Kultur zu vermehren, bis sie geerntet werden kann. Während der Produktion werden stets Proben entnommen und im Labor untersucht. Das Endprodukt landet dann zur Qualitätssicherung abermals im Labor.
Wie sieht die Ausbildung zum Milchtechnologen bei Danisco aus?
Die Auszubildenden besuchen die Berufsschule, und bei uns im Betrieb durchlaufen sie eine Vielzahl von Abteilungen. Sie besuchen auch das Lehr- und Versuchszentrum für Milchwirtschaft Bad Malente und nehmen dort an ergänzenden Kursen zur überbetrieblichen Ausbildung teil.
Zusätzlich haben Sie das Energiemanagement bei Danisco übernommen. Was reizt Sie an dieser Tätigkeit?
Die Aufgabe, eine neue ISO-Norm einzuführen, erschien mir spannend, also bewarb ich mich und wurde Beauftragter für das Energiemanagement. Schon lange setzen wir auf ein sehr effizientes Energiemanagement und senken trotz steigender Produktionsmengen den Energieverbrauch.
Welche Energiesparmaßnahmen haben sich als erfolgreich erwiesen?
Beispielsweise haben wir bereits einen Vorschlag der Maintenance-Abteilung erfolgreich umgesetzt. Zuvor gab es häufig das Problem der Eisentwicklung im Ultra Cold Storage, dem Minus-55-Grad-Lager. Durch den Austausch konventioneller Leuchtmittel gegen LED und das Ersetzen älterer Umwälzpumpen durch neue, frequenzgesteuerte Pumpen konnten wir eine beachtliche Menge an Kilowattstunden Strom einsparen.
Ich bin Molkereitechniker und daher natürlich auch an Energiethemen interessiert. Allerdings wurde mir erst im Laufe der Zeit bewusst, wie umfangreich das gesamte Aufgabenfeld ist. Wenngleich wir bei Danisco grundsätzlich auf Energieeffizienz achten, sind alle Abteilungen motiviert, gemeinsam Handlungsbedarfe ausfindig zu machen und unsere Methoden und Prozesse zu optimieren. So haben wir in einem Gebäude eine Wärmezentrale installiert, deren Abwärme ausreicht, um die vorhandenen Sozialräume zu beheizen.
Sind die Auszubildenden bei diesen Schritten involviert?
Vor allem im Bereich Maintenance (Instandhaltung, Anm. der Red.) sind unsere Auszubildenden aktiv beteiligt, tauschen Leuchtmittel in der Produktion aus und ermitteln die eingesparten Verbräuche. So werden auch die jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Thema Energiesparen sensibilisiert.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für die heutigen Auszubildenden?
Die Auszubildenden sind sich natürlich des Klimawandels, der gestiegenen Energiekosten und der geopolitischen Entwicklungen bewusst. Es sind gegenwärtig vor allem die jungen Menschen, die sich aktiv für den Umweltschutz und den Klimawandel einsetzen.
Wie sind Sie Ausbilder geworden?
In meinem Bewerbungsgespräch hatte ich das Glück, dass die Ausbildung zum Milchtechnologen gerade eingeführt wurde, um eigene Fachkräfte zu schulen. Man war auf der Suche nach einem frischen Meister oder Techniker, der die Ausbildungsleitung übernehmen sollte. Für mich klang das sehr vielversprechend, und ich bin nach wie vor sehr gerne Ausbildungsleiter, denn der Beruf des Milchtechnologen hat für mich einen besonderen Stellenwert. Über einen Praktikumstipp wurde ich selber erst auf diesen Beruf aufmerksam und erhielt anschließend auch den Ausbildungsplatz. Der Rohstoff Milch fasziniert mich noch immer, und ich schätze es sehr, dass in Schleswig-Holstein auch kleine Privatmolkereien existieren, die sich auf die Produktion von Bioprodukten spezialisiert haben.
Was schätzen Sie an Ihrer Position als Ausbilder?
Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich die jungen Menschen vom ersten Tag der Ausbildung bis zum erfolgreichen Abschluss entwickeln. Die Möglichkeit, ihnen Raum zur Entfaltung zu geben und zu sehen, wie sie sich in das Team integrieren, bereitet mir stets besondere Freude. Oft höre ich das positive Feedback: ‚Ich hätte gar nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß macht!’.
Wir hatten bisher fast immer Glück mit den Auszubildenden, und ich habe heute noch Kontakt zu einigen, die vor fünfzehn Jahren ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Wir sind zwar stolz, bereits viele Auszubildende übernommen zu haben, für den Fall, dass die Übernahme einmal nicht sofort gelingen sollte, verweise ich gerne darauf, dass es neben Molkereien auch zahlreiche andere Einsatzmöglichkeiten gibt. Hierzu gehören Ministerien sowie die Lebensmittel-, Konserven-, Getränke- oder Pharmaindustrie. Ein ehemaliger Kollege arbeitet heute im Bereich der Sondennahrung für die Intensivmedizin, während andere ihre Karriere als Lebensmittelkontrolleure einschlagen. Darüber hinaus besteht die Option, in Hannover Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie zu studieren und den Abschluss als Bachelor of Engineering zu erlangen.
Welche Eigenschaften sollte ein Auszubildender der Milchtechnologie mitbringen?
Die Auszubildenden sollten offen und teamfähig sein, denn hier arbeitet niemand isoliert. Alle Abteilungen arbeiten übergreifend. An Naturwissenschaften – allem voran an Mathematik, Physik und Mikrobiologie – sollte man Freude haben.
Welche Ziele haben Sie für die kommenden Jahre?
Ich möchte das Energie- und Umweltmanagement weiter vorantreiben und gleichzeitig junge Menschen für den Beruf des Milchtechnologen begeistern. Seit über zehn Jahren bin ich an der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Prüfer für Milchtechnologen. Dieser Beruf zählt zu den sogenannten ‚grünen Berufen’. Ich möchte junge Menschen motivieren, sich diesem Bereich anzuschließen und des Fachverbandes der Milchwirtschaftler Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern e.V. zu verjüngen.
TEXT Sophie Blady, Kristina Krijom
FOTO Sebastian Weimar